Familien im Sonneruntergang

Vermögen der privaten Haushalte

Laut der jüngsten Bundesbank-Studie „Private Haushalte und ihre Finanzen” (PHF) sind die Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland in der Dekade von 2010/11 (erste Befragung) bis 2021 (letzte Befragung) deutlich angestiegen. Insbesondere bei Haushalten mit geringem Vermögen habe es relativ zum bisher vorhandenen Vermögen starke Zuwächse gegeben, heißt es im Monatsbericht der Bundesbank. Die Ungleichheit hinsichtlich des Nettovermögens habe sich auch deshalb zwischen 2017 und 2021 leicht reduziert. Der Rückgang der Ungleichheit habe sich schon zwischen 2014 und 2017 angedeutet. Im europäischen Vergleich bleibe das Nettovermögen aber immer noch ungleich verteilt.

Die Struktur des Vermögens und der Verschuldung entlang der Vermögensverteilung habe sich kaum verändert. Nach wie vor seien Immobilien- und Unternehmensbesitz stark mit hohen Vermögen korreliert. Dagegen bestehe das Vermögen der vermögensärmeren Haushalte primär aus Guthaben auf Sparkonten und anderen risikoarmen Anlageformen.

Die Befragung der Bundesbank ermöglicht ein umfassendes Bild zum Vermögen und zur Verschuldung der Haushalte in Deutschland. Die Studie befasst sich mit der finanziellen Struktur, dem Spar- und dem Ausgabeverhalten privater Haushalte. Die Wissenschaftler beschäftigen sich beispielsweise mit folgenden Fragen: Wie viel Geld steht den Haushalten zur Verfügung? Wie legen sie dieses Geld an? Was können sie für Miete, Lebensmittel und Kleidung ausgeben? Wie hoch ist ihre finanzielle Belastung durch Kredite? Die Befragung findet seit dem Jahr 2010 etwa alle drei Jahre statt. Die vierte PHF-Befragung war ursprünglich für 2020 vorgesehen und wurde pandemiebedingt auf 2021 verschoben. Über 4000 Haushalte beteiligten sich an der Befragung.

Entwicklung der Vermögen der privaten Haushalte

Das durchschnittliche Vermögen der privaten Haushalte wuchs im Zeitraum von 2010/11 bis 2021 von 195.200 auf 316.500 Euro, das ist ein Plus von 62 Prozent. Allein zwischen 2017 und 2021 hätten sich die durchschnittlichen Vermögen um rund 83.600 Euro (plus 36 Prozent) erhöht, schreibt die Bundesbank. Das Medianvermögen, das die Haushalte in eine reichere und eine ärmere Hälfte teilt, sei ebenfalls deutlich gestiegen, und zwar um 50 Prozent von 70.800 Euro Jahr 2017 auf 106.600 Euro im Jahr 2021. Betrachte man den gesamten Untersuchungszeitraum der PHF-Studien sei sogar ein Zuwachs um 107 Prozent von 51.400 auf 106.600 Euro zu verzeichnen.

Vermögen der privaten Haushalte: Nettovermögen (Mittelwert und Median)

Verteilung der Vermögen der privaten Haushalte

Zu den weiteren Aspekten, die die Bundesbank untersucht hat, gehört die Frage, wie Vermögen in Deutschland verteilt sind. Alles in allem sei die Vermögensverteilung etwas gleicher als in der Vergangenheit. Darauf deuteten verschiedene Indikatoren hin.

So habe sich das Verhältnis von Mittelwert und Median zwischen 2017 und 2021 von 3,3 auf 3,0 reduziert, seit der ersten PHF-Studie von 3,8 auf 3,0.

Ein klassisches Verteilungsmaß ist der Gini-Koeffizient. Er nimmt Werte zwischen 0 und 1 bzw. zwischen 0 und 100 Prozent, wobei „0” jeweils vollständige Gleichverteilung bedeutet, während „1” bzw. „100 Prozent” maximale Ungleichheit anzeigt, d.h. das Vermögen gehört nur einem Haushalt. Der Gini-Koeffizient für die Vermögensverteilung in Deutschland ist von 2010/11 bis 2021 von 76 auf 73 Prozent zurückgegangen.

Vermögen der privaten Haushalte: Vermögensverteilung

Zur Darstellung der Vermögensverteilung wird häufig auch der Anteil der vermögenderen Haushalte („oberste zehn Prozent”) am Gesamtvermögen hinzugezogen. 2021 besaßen die zehn Prozent vermögendsten Haushalte in Deutschland 56 Prozent des Gesamtvermögens; gegenüber 2017 hat sich dieser Wert kaum verändert (55 Prozent). 2010/11 lag der Anteil der vermögendsten zehn Prozent noch bei 59 Prozent, 2014 bei 60 Prozent.

Ganz gleich welchen Indikator man bei der Betrachtung der Vermögensverteilung und der Vermögensungleichheit in Deutschland heranzieht — ein wichtiger Aspekt bleibt regelmäßig außen vor: die Altersvorsorgevermögen. Die Bundesbank schreibt in ihrer PHF-Studie zu diesem Thema:

„Nicht eingerechnet werden etwaige in der Zukunft liegende Ansprüche auf eine gesetzliche Rente oder Pension. Aufgrund des in Deutschland existierenden Umlageverfahrens handelt es sich nur um Ansprüche, jedoch nicht um angespartes Vermögen. Mit einer Reihe von Annahmen über die Lebenserwartung, die Zinsentwicklung und das Renteneintrittsalter wäre es aber möglich, die künftigen Ansprüche für einzelne Arten von gesetzlicher Altersvorsorge in Vermögen umzurechnen (zu kapitalisieren). Derartige Simulationsrechnungen zeigen, dass die Vermögensungleichheit für das Vermögen inklusive der gesetzlichen Altersvorsorge geringer ist als ohne Einbeziehung.”

Dazu ist festzuhalten: Es liegen mehrere Studien aus den Jahren 2016 bis 2021 (DIW, Ifo-Institut, Institut der deutschen Wirtschaft) dazu vor, wie sich die Vermögensäquivalente aus den Ansprüchen an die Altersvorsorgesysteme auf die Vermögensverteilung auswirken. Sie alle kommen zu dem gleichen Ergebnis: Die Berücksichtigung der Altersvorsorgevermögen reduziert die Vermögensungleichheit deutlich. Je nach Studie sinkt der Gini-Koeffizient für die Vermögensverteilung um 22 bis 33 Prozent.

Auch der Anteil der vermögendsten zehn Prozent am Nettovermögen sinkt deutlich, werden die Ansprüche an die sozialen Sicherungssysteme durch Kapitalisierung der Versorgungsansprüche berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der Pensions- und Rentenansprüche sinkt dieser Anteil auf 32 Prozent. Auch dies zeigt die gleichheitsfördernde Wirkung der Altersvorsorgevermögen auf die Vermögensverteilung.

Ohne Berücksichtigung der Altersvorsorgevermögen ist gleichwohl der Bewertung der Bundesbank zuzustimmen, wonach die Vermögensungleichheit im europäischen Vergleich — trotz des leichten Rückgangs (s. Abbildung oben) — relativ hoch ist. So habe das Verhältnis zwischen Mittelwert und Median in Italien, Spanien und Portugal 2020 jeweils bei gut 2 gelegen (in Deutschland bei 3). Auch wiesen die genannten Länder niedrigere Gini-Koeffizienten auf: Italien 68 Prozent und Portugal 66 Prozent. Die deutlich geringeren Gini-Koeffizienten für die Länder Südeuropas (das trifft auch auf Spanien und Griechenland zu) sind auf die signifikant höheren Wohneigentumsquoten zurückzuführen.

Vermögen der privaten Haushalte bei Wohneigentümern und Mietern

Eine höhere Wohneigentumsquote sorgt aber nicht nur für eine ausgeglichenere Vermögensverteilung. Die Bundesbank-Studie zum Vermögen der privaten Haushalte zeigt sehr deutlich, dass neben Unternehmensbesitz auch Immobilienbesitz ein guter Indikator für die Höhe des Vermögens ist. Die folgende Abbildung macht dies deutlich.

Vermögens der privaten Haushalte: Vergleich Wohneigentümer vs Mieter

Das Nettovermögen der Haushalte mit Wohneigentum liegt — ganz gleich ob ohne oder mit Hypothek — sehr deutlich über dem Vermögen von Mieterhaushalten. Das gilt sowohl für das Durchschnittsvermögen wie für das Medianvermögen. Betrachtet man nur das Finanzvermögen, ergibt sich dasselbe Bild. Auch hier liegen der Mittelwert und der Median bei Wohneigentümern mit und ohne Hypothek deutlich über den Mieterhaushalten.

Einmal mehr sind diese Erkenntnisse ein Beleg dafür, wie wichtig Wohneigentum für die Vermögensbildung ist.

Apropos Vermögensbildung: Positiv zu vermerken ist, dass die Haushalte zwischen 2017 und 2021 vermehrt in Aktien und Fonds investierten. Der Anteil der Haushalte mit Aktienbesitz stieg von elf Prozent im Jahr 2017 auf 15 Prozent im Jahr 2021, der mit Fondsbesitz von 16 auf 21 Prozent. Auch jüngere Haushalte legten vermehrt in Fonds und Aktien an. Die hohen Aktienrenditen im Zeitraum 2017 bis 2021 und die im Zuge der Corona-Pandemie entstandenen zusätzlichen Ersparnisse könnten ein Grund für das verstärkte Interesse an Anlagen am Aktienmarkt sein, so die Bundesbank.

Und nun das „Aber”: „Nach wie vor scheinen die Haushalte in Deutschland in der Breite aber eine Präferenz für liquide und eher risikoarme Investitionen zu haben”, schreibt die Bundesbank. Dies zeige der kaum veränderte Anteil an Haushalten mit Sparkonten, die trotz der langen und bis Mitte 2022 andauernden Phase niedriger Zinsen immer noch von 71 Prozent der Haushalte in Deutschland gehalten würden.

Dass das ist ein Irrweg ist — und wie man es (auch mit geringeren Beträgen) besser machen kann — zeigt unser Beitrag „Vermögensbildung für jedermann”.

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