In meiner BI-Kolumne „Geld & Werte“ habe ich mich im Januar kritisch zur Einführung einer Vermögensteuer geäußert und dabei auch die Protagonisten von „Tax me now“ kritisiert. Das Problem: Die wirklich Reichen in Deutschland sind mittelständische Unternehmer, deren wesentliches Vermögen im Unternehmen gebunden ist (gerade das ist bei den Mitgliedern von „Tax me now“ nicht der Fall). Eine Vermögensteuer würde daher vor allem mittelständischen Unternehmen enorm schaden.
Nach Veröffentlichung der Kolumne kam Kritik. Die Redaktion von BusinessInsider wollte die Debatte zum Thema Vermögensteuer und Erbe nicht bei Kommentaren in den sozialen Medien belassen und hat Peter Reese, Mitglied der „Tax me now“-Bewegung, und mich zu einem Streitgespräch eingeladen.
Folgen einer Vermögensteuer signifikant
An dieser Stelle möchte ich gerne folgende ergänzende Hinweise geben:
Die Forderung, einer Vermögensteuer in Höhe von 1 Prozent einzuführen, klingt prima vista nicht nach viel. Regelmäßig heißt es dann auch von den Befürwortern, 1 Prozent könne doch für die Millionäre und Milliardäre kein so großes Problem sein. Tatsache aber ist: „Die ökonomischen Wirkungen der Einführung von Nettovermögensteuern sind bereits bei gering erscheinenden Steuersätzen signifikant“, wie Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, in einer Studie zu den Auswirkungen einer Vermögensteuer aus dem vergangenen Jahr schreibt.
Reese sagt in dem Gespräch weiterhin: „Es gab Vermögenssteuern seit dem Kaiserreich bis einschließlich 1996. Und es gibt sie in vielen anderen Ländern bis heute.“ Tatsache ist: In den letzten Jahrzehnten haben immer mehr Staaten in Europa Vermögensteuern abgeschafft (s. die folgende Abb.).
„Wichtige Ursachen des internationalen Trends zur Abschaffung von Vermögensteuern sind Bewertungsprobleme, Steuervermeidung und Kapitalflucht“, schreibt Fuest in der oben erwähnten Studie.
Die „obersten Prozente“ leisten ihren steuerlichen Beitrag
Schließlich: Reese meint, es sei „eine Frechheit (…), wie die obersten Prozente besteuert werden“. Tatsache ist: Auch die obersten Prozente unterliegen den üblichen Ertragsteuern und werden darüber – entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit („breite Schultern müssen mehr tragen“) – besteuert.
Nach einer Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) von November 2018 tragen zehn Prozent der Steuerpflichtigen 51,7 Prozent der gesamten Einkommensteuer. „Den Löwenanteil tragen Reiche“, sagt Martin Beznoska, Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik beim IW in Köln. So zahlen 2,3 Prozent aller steuerpflichtigen Personen mehr als 25.000 Euro im Jahr und tragen damit insgesamt rund ein Viertel zu den Einnahmen aus der Einkommensteuer bei.
Nicht nur Privatpersonen, auch Unternehmen leisten ihren Beitrag zur Finanzierung des Staates. In Deutschland lag die tarifliche Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften 2018 (nominal) bei 29,9 Prozent (Körperschaftsteuern, Gewerbeertragsteuern und vergleichbare andere Steuern des Zentralstaats und der Gebietskörperschaften; Quelle: BMF). Deutschland lag 2018 im internationalen Vergleich unter den Top-5-Staaten mit der höchsten Unternehmensbesteuerung und bei der maximalen Besteuerung des Anteilseigners auf Position sieben von 33 Staaten.
Im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hat das Münchner ifo Institut den Beitrag der Familienunternehmen zum Steueraufkommen in Deutschland untersucht. Der im Oktober 2020 vorgelegten Untersuchung zufolge zahlten Familienunternehmen in den Jahren 2010 bis 2018 etwa 67 Milliarden Euro pro Jahr an Unternehmenssteuern in Deutschland. Das seien in etwa 48 Prozent des Gesamtaufkommens an Unternehmenssteuern. Auf die 500 größten Familienunternehmen entfielen davon rund zwölf Milliarden Euro, also ein knappes Fünftel.
Die Studie weist nach, dass große Familienunternehmen besonders stark besteuert werden. Die durchschnittliche Steuerbelastung der 500 größten deutschen Familienunternehmen liege schon auf Unternehmensebene bei etwa 28 Prozent. Unter Berücksichtigung der Steuern auf Gesellschafterebene (Einkommensteuer der Gesellschafter von Personengesellschaften bzw. Abgeltungsteuer auf Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften) errechne sich eine durchschnittliche Belastung von fast 38 Prozent. Deutlich mehr als ein Drittel der Unternehmenserträge werde in Form von Steuern an den Staat weitergegeben.