Vermögensungleichheit

Vermögensungleichheit in Deutschland seit 2000 rückläufig

Laut dem aktuellen Credit Suisse Global Wealth Report ist die Vermögensungleichheit in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit 2000 zurückgegangen. Damals lag der Gini-Koeffizient in Deutschland bei 81,2, in Österreich bei 79,2 und in der Schweiz bei 80,9. 2020 wies Deutschland einen Gini-Koeffizienten von 77,9 (die Vermögensungleichheit liegt unter Berücksichtigung der Altersvorsorgeanwartschaften allerdings deutlich niedriger), Österreich von 73,5 und die Schweiz von 78,1 auf. Der Rückgang erfolgte in Deutschland nach der globalen Finanzkrise, während er sich in Österreich und der Schweiz schrittweise über zwei Jahrzehnte hinweg vollzog.

Macroeconomic indicators Austria, Germany, Switzerland

Wie der Gini-Koeffizient sei auch der Anteil der obersten 1 Prozent seit 2000 in Österreich von 30,7 auf 24,1 Prozent und in der Schweiz von 32,4 auf 28,0 Prozent gesunken, so der Report. Nachdem er in Deutschland von 29,3 Prozent im Jahr 2000 auf 27,4 Prozent im Jahr 2008 zurückgegangen sei, sei er seither auf 29,1 Prozent gestiegen und habe damit fast wieder das Niveau von 2000 erreicht. Die Stabilität dieses Spitzenanteils in Deutschland in Verbindung mit dem Rückgang der gesamten Vermögensungleichheit deute darauf hin, dass sich die Vermögensunterschiede im unteren Bereich der Verteilung verringert hätten.

Vermögensungleichheit in allen Ländern hoch

Die nachfolgende Tabelle fasst die Einschätzung von Credit Suisse zur Entwicklung der Vermögensungleichheit im Jahr 2020 in ausgewählten Ländern zusammen und stellt sie in den Kontext der Entwicklung der Vermögensungleichheit in diesem Jahrhundert.

Wealth inequality trends, 2000-20, selected countries

Nach allen Maßstäben sei die Vermögensungleichheit in allen Ländern hoch und in einigen Ländern außergewöhnlich hoch, schreiben die CS-Autoren. Als grober Anhaltspunkt würden typische Werte von 35 Prozent für den Anteil der obersten 1 Prozent und 65 Prozent für den Anteil der obersten 10 Prozent gelten. Ein Gini-Wert von 70 wäre relativ niedrig und ein Gini-Wert über 80 relativ hoch.

In den meisten Ländern habe die Vermögensungleichheit in den ersten Jahren des Jahrhunderts abgenommen. Das widerspiegele die zunehmende Bedeutung von Nicht-Finanzvermögen, das tendenziell gleichmäßiger verteilt sei als Finanzvermögen. China und Indien seien zwei bemerkenswerte Ausnahmen, bei denen zwischen 2000 und 2010 die Ungleichheit deutlich zugenommen habe. Nach der Finanzkrise habe das robuste Wachstum der Finanzvermögen in den meisten Ländern zu einem raschen Anstieg der Vermögensungleichheit geführt, bis sie sich 2015 wieder abflachte. Die Trends der obersten Vermögensanteile und des Gini-Koeffizienten seien in dieser Hinsicht weitgehend konsistent. Für die in der Tabelle erfassten Länder lag der Gini-Koeffizient 2019 in allen Ländern – außer Deutschland und Japan – über dem Niveau von 2000; der Anteil der obersten 1 Prozent lag 2019 in allen Ländern – außer Frankreich und Japan – auf oder über dem Niveau von 2000.

Für die aufgeführten Länder sei der Vermögens-Gini im Jahr 2020 überall angestiegen, außer in den Vereinigten Staaten, wo er geringfügig zurückging, und Deutschland, wo er gleich geblieben ist. Mit Ausnahme von Frankreich und Deutschland sei der Vermögensanteil der obersten 1 Prozent ebenfalls gestiegen, liege aber weiterhin bei oder unter dem typischen Anteil von 35 Prozent in allen aufgelisteten Industrieländern. Die Daten deuteten also darauf hin, dass die Vermögensungleichheit in den Ländern während des Pandemiejahres weithin zugenommen hat. Der Anstieg der Vermögensungleichheit sei jedoch wahrscheinlich weder durch die Pandemie selbst noch durch ihre direkten wirtschaftlichen Auswirkungen verursacht worden, sondern sei vielmehr eine Folge der Maßnahmen, die zur Abmilderung der Auswirkungen ergriffen wurden – vor allem der niedrigeren Zinssätze.

Obersten 10 Prozent besitzen 82 Prozent des weltweiten Vermögens

Die Autoren des Global Wealth Reports schätzen, dass Ende 2020 die unteren 50 Prozent der Erwachsenen in der globalen Vermögensverteilung zusammen weniger als 1 Prozent des gesamten globalen Vermögens besitzen. Im Gegensatz dazu besitze das reichste Dezil (die obersten 10 Prozent der Erwachsenen) 82 Prozent des weltweiten Vermögens, und das oberste Perzentil allein verfüge über fast die Hälfte (45 Prozent) des gesamten Haushaltsvermögens.

Die zeitliche Entwicklung der globalen wirtschaftlichen Vermögensungleichheit sei das Ergebnis von zwei grundlegenden Faktoren. Die globale Ungleichheit steige oder falle als Reaktion auf Veränderungen der Vermögensungleichheit innerhalb der Länder: die so genannte „länderinterne“ Komponente. Sie werde aber auch durch Veränderungen des durchschnittlichen Vermögensniveaus in den Ländern im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt beeinflusst: die „Zwischen-Länder“-Komponente. In diesem Jahrhundert habe der Anstieg des Vermögens der privaten Haushalte in den Schwellenländern, vor allem in China und Indien, die Vermögensunterschiede zwischen den Ländern verringert, so dass die „Zwischen-Länder“-Komponente recht schnell zurückgegangen sei. Dies sei der wichtigste Faktor für den in der folgenden Abbildung erkennbaren allgemeinen Abwärtstrend der Ungleichheit gewesen. Sein Einfluss habe jedoch nachgelassen, da sich das durchschnittliche Vermögen in China dem weltweiten Durchschnitt angenähert habe; er könnte sich ändern, wenn das Vermögen pro Erwachsenem in China den weltweiten Durchschnitt übersteige.

Global wealth inequality trends, 2000-20

In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts habe der Rückgang der länderinternen Komponente den Rückgang der länderübergreifenden Komponente verstärkt, was zu einem deutlichen Rückgang der globalen Ungleichheit geführt habe. Der Anteil der obersten 10 Prozent sei zwischen 2000 und 2008 von 88,7 auf 84,3 Prozent, der Anteil der obersten 1 Prozent von 48,3 auf 42,7 Prozent und der Gini von 91,9 auf 89,6 gesunken. Ab 2009 zeigten die verschiedenen Ungleichheitsmaße unterschiedliche Ergebnisse, die das Gewicht widerspiegelten, das den verschiedenen Teilen der Verteilung beigemessen werde. Der Anteil der obersten 10 Prozent und der Gini-Koeffizient seien weiter gesunken und hätten Ende 2019 bei 80,9 bzw. 88,2 Prozent gelegen. Der Vermögensanteil der obersten 1 Prozent der Weltbevölkerung sei in diesem Zeitraum jedoch angestiegen und habe 2019 43,8 Prozent erreicht.

Was die Entwicklung im Jahr 2020 betreffe, so sei das Urteil einstimmig. Die Indizes stimmten alle darin überein, dass die globale Vermögensungleichheit im Jahr 2020 erheblich gestiegen sei: der Anteil der obersten 10 Prozent sei um 0,9 Prozentpunkte gestiegen, der Anteil der obersten 1 Prozent um 1,1 Prozentpunkte und der Gini um 0,6 Punkte. Mit einer einzigen Ausnahme – dem Anteil der obersten 1 Prozent im Jahr 2014 – sei der Anstieg der Ungleichheit im Jahr 2020 zudem deutlich größer gewesen als in jedem anderen Jahr dieses Jahrhunderts. Natürlich könne dieser Anstieg, wie schon bei früheren Gelegenheiten, vorübergehend sein. Insbesondere der Ausstieg aus der derzeitigen Geldpolitik in den kommenden Monaten und Jahren könnte den Anstieg im Jahr 2020 teilweise oder ganz rückgängig machen, so der CS-Report.

Nach oben scrollen