Finanzkrise

Vermögensteuer würde steuerliche Rahmenbedingungen erheblich verschlechtern

Die Einführung einer Vermögensteuer oder Vermögensabgabe in Deutschland würde die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen, Beschäftigung und Wirtschaftswachstum signifikant auf Dauer verschlechtern. Zu dieser Schlussfolgerung kommt die Studie „Zur Debatte über die Einführung einer Nettovermögensteuer in Deutschland“, die Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts für die Stiftung Familienunternehmen verfasst hat. Eine Vermögensteuer wäre zudem ein deutliches Signal an in- und ausländische Investoren, Deutschland als Standort für unternehmerische Aktivitäten zu meiden. Wachstum und Beschäftigung und die so wichtige wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise würden beeinträchtigt.

Vermögensungleichheit seit 2007 konstant

Forderungen nach einer Vermögensteuer würden unter anderem mit wachsender Vermögensungleichheit begründet. Zumindest seit 2007 sei die Vermögensungleichheit in Deutschland jedoch konstant, so die Studie.

Vermögensungleichheit in Deutschland, 2007-2017

In internationalen Vergleichen werde für Deutschland eine überdurchschnittliche Vermögensungleichheit gemessen. Dabei werde aber Vermögen in Form von Renten- und Pensionsansprüchen ausgeblendet, das in Deutschland eine größere Rolle spiele als in anderen Ländern. Insofern überzeichneten internationale Vergleiche die relative Ungleichheit der deutschen Vermögensverteilung. Die Berücksichtigung dieses erweiterten Vermögensbegriffs führe beispielsweise dazu, dass der Gini-Koeffizient der Vermögensverteilung in den USA um 21 Prozent sinke, in Deutschland aber um 33 Prozent.

Vermögensteuer erhöht effektive Steuerbelastung massiv

Zur Abschätzung der Auswirkungen von Vermögensteuern auf Realinvestitionen seien Indikatoren der effektiven Steuerlast wichtig, die Ertragsteuersätze, Aspekte der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage wie Abschreibungsbedingungen und Vermögensteuern kombinierten. Hier zeige sich, dass die Einführung einer Vermögensteuer in Höhe von einem Prozent den Effektiven Durchschnittsteuersatz (Effective Average Tax Rate, EATR) deutlich erhöhen würde.

Effektive Steuerbelastung und Profitabilität mit und ohne Vermögensteuer

Die Abbildung verdeutliche zwei Punkte, die für die Wirkung einer Vermögensteuer wichtig seien:

  • Erstens bestätige sich, dass eine Vermögensteuer mit einem auf den ersten Blick gering erscheinenden Steuersatz die effektive Steuerbelastung von Investitionen massiv erhöhen könne: von einem Niveau von 30 Prozent (bei steuerlicher Abschreibung, die dem ökonomischen Wertverlust entspricht) auf Werte zwischen 38 Prozent bei sehr profitablen Investitionen (Vorsteuerrendite 13 Prozent) und 65 Prozent bei weniger profitablen Investitionen (3 Prozent Vorsteuerrendite). So steige beispielsweise die Effektivbelastung für eine Investition mit einer Rendite von 3 Prozent von 30 Prozent auf rund 65 Prozent. Der Belastungseffekt sei hier also stärker als eine Verdopplung der Ertragsteuerlast.
  • Zweitens falle diese Erhöhung der effektiven Steuerbelastung umso höher aus, je geringer die Profitabilität der Investitionsprojekte sei. Bei einer Vorsteuerrendite von 7 Prozent entspreche die Einführung der Vermögensteuer einer Erhöhung der Ertragsteuer auf 45 Prozent, bei 13 Prozent Vorsteuerrendite wären es 38 Prozent.

Halten wir also fest: „Gerade für Unternehmen mit eher niedriger Profitabilität − beispielsweise Unternehmen, die unter sehr hohem Wettbewerbsdruck stehen − würde demnach die Einführung einer Nettovermögensteuer, was die steuerlichen Standortbedingungen angeht, einer Verdopplung der Ertragsteuern nahekommen.“

Vermögensteuer birgt negative Auswirkungen auf Investitionen, Wachstum und Beschäftigung

Empirische Studien zu den Auswirkungen von Vermögensteuern kämen mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass eine Erhöhung (Senkung) des Vermögensteuersatzes um einen Prozentpunkt das steuerpflichtige Vermögen erheblich reduziere (erhöhe) – um Beträge in Größenordnungen zwischen 15 bis 30 Prozent. Dahinter steckten allerdings vielfach Ausweichreaktionen in Form der Nutzung von Besteuerungslücken und Ausnahmen, nicht notwendigerweise realwirtschaftliche Veränderungen. Das liege daran, dass existierende oder mittlerweile abgeschaffte Vermögensteuern meistens erhebliche Umgehungsmöglichkeiten böten.

Ex ante Evaluierungen der Einführung einer Nettovermögensteuer in Deutschland, die derartige Umgehungen nicht ermögliche, prognostizierten erhebliche negative Auswirkungen auf Investitionen, Wachstum und Beschäftigung sowie fiskalische Verluste aus anderen Steuerquellen, die bedeuten, „dass Nettovermögensteuern das Steueraufkommen in Deutschland langfristig senken würden“.

Die Studienautoren haben in einem Basisszenario eine Vermögensteuer ohne Differenzierung zwischen Betriebsvermögen und anderen Vermögensarten betrachtet. Bei einem Steuersatz von 1 Prozent wäre nach den Ergebnissen der Analyse mit einem Rückgang der jährlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3 bis 0,35 Prozentpunkten in den ersten acht Jahren zu rechnen. Grund sei, dass die Vermögensteuer die Investitionsanreize sowie die Anreize zur Kapitalbildung spürbar mindere. Vor allem bei ausländischen Investoren sei nach Einführung einer Vermögensteuer mit einer Kapitalflucht aus Deutschland zu rechnen.

„Nach acht Jahren wäre das Bruttoinlandsprodukt rund 6,2 Prozent niedriger als im Szenario ohne Vermögensteuer, die Investitionen der inländischen Unternehmen wären um 11 Prozent, die der ausländischen Unternehmen um 20 Prozent niedriger. Zwar würde die Vermögensteuer ein Steueraufkommen von 17 Mrd. Euro erwirtschaften. Durch Verluste beim Aufkommen aus anderen Steuern wäre das Steueraufkommen insgesamt aber um 38 Mrd. Euro geringer als im Szenario ohne Vermögensteuer“, so die Studie.

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