Geldwachstum

Vermögen wachsen weltweit, aber auch die Armut geht zurück

Während die Vermögen weltweit wachsen, geht die Armut nach und nach zurück. Leider gerät dieser Zusammenhang häufig aus dem Blick. Während immer wieder darauf hingewiesen und teilweise auch beklagt wird, dass die Reichen immer reicher würden, wird die parallel laufende Entwicklung, dass es immer weniger Arme gibt, unter den Tisch fallen gelassen. So sagt etwa Marlene Engelhorn, Erbin von Boehringer Mannheim und prominente Galionsfigur der Initiative „Tax me now“:

„Grundsätzlich haben wir ein riesiges Systemproblem, und wir brauchen tiefgreifende Strukturveränderungen. Dass beispielsweise die Reichen ständig reicher werden und profitieren, halte ich für hochproblematisch. Wir haben so lange bequem Menschen für Wohlstand ausgebeutet und unterdrückt, dass es jetzt ein richtiger Kraftakt ist, herauszukommen aus diesen schlimmen Gewohnheiten.“

Marlene Engelhorn (Quelle: WHU/Phineo: NextGens zwischen Erbe und Idealismus, 2022)

Hierzu ist festzuhalten: Es sind eben nicht nur die Reichen, die ständig reicher werden und profitieren – auch die Armen profitieren von der globalen Vermögensentwicklung. Daher ist es mit Blick auf solche häufig wiederkehrenden Klagen hilfreich, an diese andere Seite der Medaille zu erinnern.

Credit Suisse Global Wealth Pyramide

Das tut beispielsweise der Bericht „Analyse der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland“ (Begleitforschung zum Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung). Der Bericht weist auf eine im Global Wealth Report der Credit Suisse über die Jahre hinweg immer wiederkehrende Graphik hin: die Global Wealth Pyramide. Diese Graphik sei insoweit bemerkenswert, als dass sie eine stets aktualisierte Übersicht zu den globalen Besitzverhältnissen liefere.

Vermögen: Credit Suisse, Global Wealth Pyramid, 2010
Vermögen: Credit Suisse, Global Wealth Pyramid, 2020

Laut dieser Graphik bildete der Sockel der Pyramide den Personenkreis ab, der weniger als 10.000 Dollar besitze. Dies seien 2020 55 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung. Ihr Anteil am gesamten Vermögen auf dem Globus liege bei 1,3 Prozent. Auf der Spitze der Pyramide sähen wir die Vermögensmillionäre, die zwar nur 1,1 Prozent der weltweiten Bevölkerung darstellen, aber 45,8 Prozent des globalen Vermögens auf sich vereinten. Dazwischen zwei weitere Vermögensklassen, die 2020 knapp 53 Prozent des Gesamtvermögens hielten.

Auch bei „zurückhaltender“ Interpretation des Datenmaterials werde deutlich, dass sich innerhalb der Vermögenspyramide für einem Zeitraum von einem Jahrzehnt erhebliche Verschiebungen zeigten. Zunächst hätten sich zwischen 2010 und 2020 die Zahl der Millionäre beinahe und ihr Anteil etwas mehr als verdoppelt. Mit 56 Millionen Personen stellten sie 2020 etwas mehr als ein Prozent der weltweiten erwachsenen Bevölkerung.

Weniger deutliche, aber dennoch klar erkennbare Zuwächse gebe es auch in den beiden darunterliegenden Vermögensklassen. Der zweite und dritte Rang sei 2020 deutlich stärker besetzt als 2010. Ein prozentualer wie absoluter Rückgang der Personenzahl lasse sich ausschließlich im untersten Vermögensbereich feststellen. Die Anzahl der Personen mit einem Vermögen von weniger als 10.000 Dollar p.a. sank innerhalb von zehn Jahren von 3,04 Milliarden (68,4 Prozent) auf 2,88 Milliarden (55 Prozent).

Auf Grundlage der Credit Suisse-Analysen lasse sich eine durchaus positive Botschaft zur Entwicklung der globalen Vermögen formulieren. Mehr Menschen verfügten 2020 über mittlere, höhere und hohe Vermögen als 2010, während der Personenkreis mit geringen oder gar keinem Vermögen schrumpfe. In der Tat nähmen die Vermögen der Reichen weltweit zu, aber ebenso verbessere sich die wirtschaftliche Lage des ärmeren Teils der Weltbevölkerung.

Entwicklung der absoluten Armut weltweit

Diese Aussage lasse sich durch einen Blick auf die Entwicklung der globalen Einkommensarmut durchaus stützen.

Armut: 6. Armuts- und Reichtumsbericht, Entwicklung der absoluten Armut in den Weltregionen

Seit Anfang der 90er Jahre sähen wir einen stetigen Rückgang der weltweiten absoluten Armut. Habe der Anteil der absolut Armen 1990 noch bei 36 Prozent gelegen, treffe dies 2015 nur noch auf etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung zu. Insbesondere der asiatische Raum, dessen Vermögensverteilung stark von China und Indien geprägt werde, weise eine extrem erfolgreiche Bekämpfung absoluter Armut auf.

Vgl. Bericht „Analyse der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland“ (Begleitforschung zum Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung), 08.2019, S. 397f. (die in dem Bericht aufgeführten Zahlen zu 2019 wurden in diesem Beitrag durch die Zahlen für 2020 aktualisiert).

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